Wenn Struktur auf Chaos trifft: Ein Blick auf die Stärken, Schwächen und Herausforderungen beider Persönlichkeitstypen in der Zusammenarbeit

Wenn Struktur auf Chaos trifft
22. Februar 2024
Veronika Hubl
Metaprogramme | prozedural vs. optional
Empfindest du die Zusammenarbeit mit besonders strukturierten oder besonders chaotischen Kollegen sehr anstrengend? Wenn du die Denk- und Handlungsmuster von dir selbst und von deinen Kollegen gerne besser kennenlernen und verstehen würdest, dann bist du in diesem Artikel genau richtig. Wir schauen uns nämlich wieder die Stärken und die Schwächen zweier Metaprogrammpole im Detail an. Das Metaprogramm heißt heute „prozedural versus optional“.

Bericht aus meinem Arbeitsalltag

Wenn mich jemand fragen würde „Wie strukturiert bist du auf einer Skala von 0 bis 10?“ würde ich antworten: „11“. Das hört sich erstmal positiv an. Vor einigen Jahren wurde mir diese Eigenschaft jedoch bei der Zusammenarbeit mit einem Kollegen zum Verhängnis. Die Zusammenarbeit mit ihm fiel mir unglaublich schwer, kostete mich wahnsinnig viel Energie und hat mir buchstäblich den letzten Nerv geraubt. Wenn mich jemand gefragt hätte „Wie chaotisch ist dein Kollege auf einer Skala von 0 bis 10?“, dann hätte ich nämlich geantwortet: „9“. 😀

Du siehst schon, so eine konträre Einstufung birgt natürlich eine Menge Konfliktpotenzial in der Zusammenarbeit. Ich kann mich z.B. noch sehr gut daran erinnern, dass ich ihn in Meetings oft als super sprunghaft erlebt habe. Gefühlt ist er gedanklich von Topic zu Topic gesprungen und ich hatte alle Mühe, ihm bei diesen Gedankensprüngen zu folgen. Noch viel mehr Probleme hat mir jedoch bereitet, dass er gefühlt in jedem zweiten Meeting die Priorisierungen geändert hat. Er war Produktverantwortlicher und ich habe an der Produktentwicklung mitgewirkt. Ich war also auf ihn angewiesen. Dieses ständige Ändern der Prioritäten hat mich wahnsinnig gemacht. Und ganz ehrlich auch wahnsinnig gestresst. Gefühlt jedes Mal, wenn ich wieder einen Plan davon hatte, wie ich all das unter bekommen konnte, kam die nächste Änderung.

Er dagegen hat mir häufig vorgeworfen, völlig unflexibel zu sein und ständig erstmal zu blocken und die Hürden zu sehen anstatt der Möglichkeiten. Schließlich müsse man doch auf neue Informationen von Kundenseite und Nutzerseite eingehen. Und überhaupt, wo ist denn das Problem, mal die Priorisierung zu ändern?

Und damit sind wir schon mitten im Thema: Wir schauen uns heute nämlich wieder die Stärken und die Schwächen zweier Metaprogrammpole im Detail an. Das heutige Metaprogramm heißt „prozedural versus optional“.

Was ist ein Metaprogramm?

Metaprogramme sind Wahrnehmungsfilter, die beeinflussen, wie du Informationen aufnimmst und verarbeitest. Diese Filter bilden die DNA deiner Persönlichkeit. Sie sind angeboren, werden jedoch stark von deinen Erfahrungen und Prägungen geformt. Es gibt viele verschiedene Metaprogramme. Einer der jeweils bipolaren Filtereinstellungen ist beispielsweise „prozedural (strukturiertes Abarbeiten) versus optional (sich Optionen offenlassen)“.

Metaprogramme spielen eine entscheidende Rolle in der Art und Weise, wie du über bestimmte Situationen denkst, wie du darauf reagierst und wie du die Herausforderung bewältigst. Wichtig ist mir zu betonen, dass es keine guten oder schlechten Wahrnehmungsfilter gibt. Vielmehr kommt es auf den Kontext und deinen Gegenüber an, ob dein Filter von Vorteil ist.

Ein Schlüsselerlebnis hat mir die Augen geöffnet

Zu der Zeit, als mir die Zusammenarbeit mit dem Kollegen so schwerfiel, kannte ich das Konzept der Metaprogramme noch nicht. Hätte ich das Konzept dieser Wahrnehmungsfilter damals bereits gekannt, hey, ich sag’s dir, mir wäre viel Leid erspart geblieben!

Damals habe ich alles was strukturiert war als gut empfunden. Und alles, was ich chaotisch empfunden habe, war für mich schlecht. Erst eine sehr schmerzhafte Erfahrung während meiner Coaching Ausbildung hat mich das Gegenteil gelehrt:

Wir sollten uns als Gruppe im Raum aufstellen. Auf der einen Seite diejenigen, die sich als strukturiert empfinden. Und auf der anderen Seite diejenigen, die sich als chaotisch wahrnehmen. Jetzt rate mal wo ich stand? Richtig, natürlich auf der strukturierten Seite. Zu meiner großen Verwunderung stand ich da allerdings ziemlich einsam. Das fühlte sich ehrlich gesagt richtig scheiße an. Schlagartig ist mir nämlich klar geworden, wenn ich nicht in der Lage bin, auf die andere Seite zuzugehen, wird mir die Zusammenarbeit mit solchen Personen immer schwerfallen. Bei mir hat dieses Erlebnis im wahrsten Sinne des Wortes den Schalter im Kopf gelegt. Ich habe erkannt, dass jeder der Metaprogrammfilter Vorteile hat, aber auch Nachteile mit sich bringt. Und dass es kein Gut und kein Böse, kein Falsch und kein Richtig gibt. Ab diesem Zeitpunkt möchte ich deswegen auch nicht mehr von strukturiert und chaotisch sprechen, sondern wie es eben bei den Metaprogrammen richtig heißt, den Fachbegriff prozedural versus optional verwenden.

Hast du Lust, mehr mit mir in die Vor- und Nachteile einzusteigen?

Lass uns beginnen mit dem Filter „optional“.

Welche Stärken haben optionale Menschen?

Eine großartige Stärke von optionalen Personen ist es, verschiedene Dinge parallel bearbeiten zu können. Sie sind Meister darin, z.B. unterschiedliche Projekte gleichzeitig zu händeln. Kein Wunder sind solche Personen häufig im Management oder als Consultant zu finden.

Bei dieser Stärke kommt mir immer die Metapher des Jongleurs in den Sinn. Weißt du, so ein Jongleur im Zirkus der hat ja auch nicht nur 1, 2 oder 3 Bälle. Hey ganz ehrlich, der Spaß bzw. der Erfolg, für den er gelobt wird und das Können, für das er bewundert wird, fängt doch bei einem Jongleur erst bei mehreren Bällen, sagen wir vier bis fünf an. Oder?

Auf unsere Projektarbeiten bezogen, lass es uns jetzt mal nicht übertreiben. Ich habe nicht gemeint, dass diese Personen vier bis fünf Projekte gleichzeitig steuern müssen, um glücklich zu sein. Nein, das nicht. Aber zwei bis drei Themen parallel voranzutreiben ist für sie meistens kein Problem.

Optionale Menschen haben meist auch eine sehr positive Einstellung zu den Dingen. Sie sehen überall Möglichkeiten, anstatt von Hürden. Das wiederum macht sie zu Menschen, die sich mit Veränderungen sehr viel leichter tun wie z.B. die Prozeduralen. Gleichzeitig lieben sie häufig die Abwechslung, die sich natürlich ergibt bei Veränderung.

Optionale Menschen sprühen auch häufig geradezu voll Ideen. Manchmal hat man das Gefühl, es sprudelt gerade so aus ihnen heraus. Sie sind sehr spontan. Sie brauchen nicht viel Vorlaufzeit. Du kannst ihnen z.B. ganz getrost die Moderation eines Meetings überlassen. Sie werden sich durch so eine spontane Aufgabe nicht gestresst, sondern eher herausgefordert fühlen.

Was solltest du optionalen Menschen dagegen eher nicht geben als Aufgabe?

Mit was tun sie sich eher schwer? Optionale Menschen mögen meist Aufgaben, die über einen sehr langen Zeitraum dauern, nicht so sehr. Also z.B. Langzeitprojekte über mehrere Monate, vielleicht sogar Jahre, die nicht viel Abwechslung bieten. Das ist so gar nicht das Ding von optionalen Personen. Ihre Arbeitsweise zeichnet sich auch eher durch Spontanität aus. Gleichzeitig bedingt das, dass Beiträge und Aufgaben manchmal nicht bis ins letzte Detail durchdacht sind. Optionale Menschen lösen die Hürden, wenn sie direkt vor diesen Hürden stehen. Aus der Wahrnehmung von prozeduralen Menschen wirken sie auch häufig unordentlich und unstrukturiert. Sie fangen viele Dinge an, bringen aber längst nicht alle zu Ende. Im Übrigen macht ihnen das selten etwas aus. Ihnen geht es ja schließlich um die Möglichkeiten und das sich Auszuprobieren und die Spontanität. Nur prozedurale Menschen können häufig nicht nachvollziehen, warum Aufgaben nicht einfach mal zu Ende gemacht werden können.

Und da sind wir auch schon beim Gegenpol: Den prozeduralen Menschen. Lass uns auch da mit den Stärken beginnen.

Welche Stärken haben prozedurale Menschen?

Ich glaube im Teaser kam schon deutlich heraus, dass prozedurale Menschen sehr strukturiert sind. Sie machen gerne Pläne und das nicht selten bis ins kleinste Detail. Wenn du sie fragst, wie sie eine Aufgabe lösen wollen, können sie dir eine detaillierte Antwort geben. Sie wissen ganz einfach wie sie vorgehen wollen. Diese klare Struktur entsteht meist im Kopf, kann dann aber auch sehr schnell auf Blatt Papier gebracht werden. Super gut kannst du diese Eigenschaft nutzen, wenn es darum geht, große Informationsmengen zu strukturieren. Häufig gelingt es prozeduralen Menschen in unglaublich kurzer Zeit Informationen auseinander zu zupfen, Strukturen zu erkennen und Dinge neu zu formen bzw. zu custern.

Meist kannst du prozedurale Menschen auch an ihrem Schreibtisch erkennen. Ganz einfach von außen: Ihr Schreibtisch, im Übrigen auch ihr Zuhause, ist sehr ordentlich. Wenn es in einem Projekt darum geht, die Aufgaben abzuarbeiten, dann gehen prozedurale Menschen Schritt für Schritt vor und bringen die Dinge auch zu Ende. Und du ahnst es schon, in diesen Stärken liegt natürlich auch die Herausforderung:

Welche Schwächen haben prozedurale Menschen?

Wie wahrscheinlich bereits im Teaser klar wurde, können prozedurale Personen unglaublich schlecht mit Chaos umgehen. SIE empfinden es als Chaos. Optionale haben ja durchaus in diesem Chaos eine Ordnung. Prozedurale fühlen sich durch chaotische Zustände gestresst. Es raubt ihnen einfach die Energie und sie sind regelmäßige genervt, wenn ihre Zeitpläne durchkreuzt werden. Ist doch auch klar: Sie haben sehr viel Zeit damit verbracht, ihre Pläne auszuarbeiten und zu überlegen, welche Schritte nötig sind, um ein bestimmtes Ziel zu erreichen.

Reflexion für deinen Arbeitsalltag

  • Jetzt kennst du also die Stärken und die Schwächen von prozeduralen und von optionalen Mensch
  • Welche Gedanken sind dir bei der Aufzählung gekommen?
  • Hast du dich beim einen oder anderen Pol, bei der einen oder anderen Eigenschaft vielleicht sogar ertappt gefühlt?
  • Welche Stärken sind bei dir besonders ausgeprägt?
  • Wie kannst du diese Stärken noch stärker in deinen Aufgaben und deinen Projekten umsetzen?
  • Bei welchen Schwächen habe ich dich ertappt? Und was könnte dies für dein Projekt bedeuten?
  • Kannst du vielleicht bestimmte Aufgaben jemanden abgeben, der aufgrund seines Metaprogramms besser für diese Aufgabe geeignet ist?
  • Bei welchen Schwächen möchtest du dich weiterentwickeln, weil es dir ähnlich ging wie mir bei der Übungen mit der Raumaufstellung?
  • Wo stehst du dir vielleicht selbst im Weg und machst dir das Leben bzw. die Projektarbeit besonders schwer?

Denk doch über diese Fragen einmal näher nach! Und mach dir gerne ein paar Notizen.

Ich hoffe, ich konnte dir mit diesem Artikel einige Aha-Erkenntnisse bieten! Ich wünsche dir auf jeden Fall viel Spaß dabei, das Metaprogramm prozedural versus optimal in deinem Arbeitsalltag näher zu erforschen und vielleicht auch mal dein Verhalten und deine innere Einstellung aufgrund dieser Erkenntnisse zu verändern oder etwas anzupassen. Viel Erfolg dabei!

Deine

Unterschrift Veronika Hubl

Veronika Hubl

Agile Team Coach, Mediatorin & Resilienz Trainerin

Ich biete dir wertvolle Impulse und Tipps, um Stress zu reduzieren und mehr Gelassenheit sowohl im Team als auch in dir selbst zu finden.

Lass uns gemeinsam deinen Weg zu einem ausgeglichenen Arbeitsalltag gestalten!

Hier erfährst du mehr über mich.

Erfolgs Blog: Weitere Kategorien

Werde VIP-Leser und

  • bestimme die Inhalte der nächsten Artikel mit
  • entspanne mit der Feierabend-Trance
  • erfahre als erstes von neuen Produkten und Produktideen
Deine Registrierung konnte nicht gespeichert werden. Bitte versuche es erneut.
Deine Registrierung war erfolgreich.

Wir verwenden Brevo als unsere Marketing-Plattform. Wenn Sie das Formular ausfüllen und absenden, bestätigen Sie, dass die von Ihnen angegebenen Informationen an Brevo zur Bearbeitung gemäß den Nutzungsbedingungen übertragen werden

Artikel zu ähnlichen Themen

Werde VIP-Leser

Wir verwenden Brevo als unsere Marketing-Plattform. Wenn Sie das Formular ausfüllen und absenden, bestätigen Sie, dass die von Ihnen angegebenen Informationen an Brevo zur Bearbeitung gemäß den Nutzungsbedingungen übertragen werden

  • Bestimme die Inhalte der nächsten Blogartikel mit:
    Als VIP-Leser darfst du die Themen dieses Erfogsblogs aktiv mitgestalten. Berichte mir z.B. von einer Situation im Büro, die du gerade so richtig herausfordernd findest oder für die du gerne eine Lösung hättest. Ich werde versuchen, das Thema in einer der nächsten Artikel aufzugreifen.
  • Entspanne mit der Feierabend-Trance als Willkommensgeschenk:
    Direkt nach der Anmeldung zum VIP-Leser kannst du dir meine Feierabend-Trance gratis herunterladen. Sie wird dich beim Wechsel von der Arbeit ins Privatleben unterstützen, damit du gedanklich frei vom Büroalltag in deinen Feierabend starten kannst.
  • Erfahre als erstes von neuen Produkten und Produktideen:
    Ich plane, den Erfolgsblog nach und nach um weitere Produkte und Angebote rund um das Thema “Mehr Erfolg und weniger Stress im Büro” zu erweitern. Als VIP-Leser erfährst du als erstes von Produktideen und kannst dich als Testperson und Feedbackgeber melden.